Mittwoch, 26. August 2015

Kino: Das Märchen der Märchen (The Tale of Tales)

In Hamburg hat gerade das Fantasy Filmfest im Savoy Kino Halt gemacht, seit letzter Woche und noch bis Ende dieser Woche. Mich hat es ebenfalls in einige der Filme gezogen und obwohl mir das Fantasy Filmfest entgegen seines Namen in der Regel zu Splatter-lastig ist, habe ich einige Filme gefunden die mich durchaus ansprechen. 

Besonders nahe legen möchte ich meiner geneigten Leserschaft die italienisch-französisch-britische Coproduktion "Tale of Tales", die morgen in den deutschen Kinos anläuft.
                                          
                                       
      
Ein Wort zum Anfang: "Das Märchen der Märchen" ist kein Kinderfilm.

Die Grundgeschichten des Filmes basieren auf der italienischen Märchensammlung "Pentamerone" (Lo cunto de li cunti overo lo trattenemiento de peccerille) aus dem 17. Jahrhundert, zusammengetragen von dem neapolitanischen Schreiber und Poeten Giambattista Basile. Die Geschichten wurden später von Charles Perrault und vor allem von den Brüdern Grimm aufgenommen, ausgeweitet und verbreitet, Beispiele dafür sind frühe Formen von Aschenputtel, Rapunzel, der gestiefelte Kater und Hänsel und Gretel.

In dem Film werden vom Regisseur Matteo Gerrone (Gomorrha) drei der Geschichten aufgenommen und, recht frei interpretiert, mit Elementen anderer Geschichten verwoben. 

Ein König (John C. Reilly) und eine Königin (Salma Hayek) versuchen alles um ein Kind zu bekommen, ohne Erfolg. Das gekochte Herz eines Seeungeheuers bringt schließlich mehr als nur einen gewünschten Sohn 

In "Der Floh" vergisst ein König (Toby Jones) über der Aufzucht eines kafkaesken, bizarr großen Flohs seine liebenswürdige und lebenshungrige Tochter (Bebe Cave). Mit einem scheinbar unlösbaren Ratespiel will er sie verheiraten und verliert sie an einen Oger, der die Prinzessin aus ihrem goldenen Käfig heraus in eine Höhle verschleppt.

Vincent Cassel verliebt sich als liebestoller König in der letzten Geschichte in die süße, junge Stimme einer Frau. Ohne sie je gesehen zu haben macht er ihr den Hof und lockt sie in sein Bett. Der Morgen nach der Liebesnacht bringt dann das Grauen.

Das "Märchen der Märchen" ist ein traumverwobenes Gespinst,  das sich langsam und fantastisch entfaltet und bei dem man nicht weiß was als nächstes passiert. In bizarr schönen Einstellungen, die digitalen Effekte werden ebenso sparsam eingesetzt wie die Musik, entwickelt die Handlung einen spröden, kargen Charme der so ganz weit weg ist vom weichgespülten Disney-Image der Märchenverfilmungen des letzten Jahrzehnts. Umstellen muss man seine Seh- und Hörgewohnheiten, dann kann man Freude finden an den phantastischen Kostümen, der prächtigen Ausstattung und den unerwarteten Schnitten.

Langsam, in üppigen 133 Minuten, lässt Garrone seine Handlung vorangehen und immer nimmt sie eine Wendung die nicht zu erwarten war. Bizarre Kulissenbauten werden als Stilmittel der Überhöhung ebenso genutzt wie phantastische Naturlandschaften oder betont realistische Lichtverhältnisse. Traumverloren verharrt die Kamera in Einstellungen, schweigen die Schauspieler und manchmal sogar die Musik und lassen den naiven Zauber von Hexen und Ungeheuern wirken.

Mir hat er ausnehmend gut gefallen, oder um einen jungen Mitzuschauer zu zitieren "..ich hätte noch 3 Stunden gucken können..." In diesem Sinne: schönes Gruseln.


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